Donnerstag, 22. April 2010

THE ART OF BERNHARD PRINZ


Die Medienwelt gaukelt uns eine Welt voller Glück, Geld und Harmonie vor – der Blick hinter die Kulissen
verrät dann jedoch oft ganz anderes. Auch hier bröckeln die Fassaden, auch hier gibt es Sorgen und Probleme, auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt. Detailansicht

The media feign a world full of happiness, money and harmony – a look behind the scenes often shows something entirely different. Even here, façades are crumbling, even here one can find sorrow and problems, and even here all that glitters ain‘t gold.
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Tasteparade

Grinsen für die Klatschpresse, Käuflichkeit, die Gier nach Geld und kaum stillbares Geltungsbedürfnis – Attribute, die man mit den Reichen und Berühmten der Medienlandschaft verbindet. Als außenstehender Betrachter möchte man sich dann oft schmerzverzerrt an die Stirn greifen und verständnislos den Kopf schütteln. Doch sind wir nicht alle Gefangene dieser auf Profit aufgebauten, kalten Welt? Strebt das menschliche Sein nicht immer nach Anerkennung, Achtung und Aufmerksamkeit? Und ist man als Spinner inmitten von Spinnern tatsächlich noch etwas Besonderes?

Bernhard Prinz setzt sich mit seinem Gemälde „Tasteparade“ auf überspitzte und sarkastische Weise mit diesem Thema auseinander. Auf seinem Bild prangen die Schönen und Reichen, die Verrückten und die, die durch Äußerlichkeiten, grenzwertiges Verhalten und provozierende Äußerungen ins Rampenlicht geraten sind. Sie sind Synonyme für unsere heutige Gesellschaft, menschliche Hüllen, die die oft sinnfreie und von Gier getriebene Existenz wiederspiegeln, Personen, mit denen wir uns aufgrund ihrer Unangepasstheit und ihrer Gegenwehr gegen das Normale verbunden fühlen. Und die uns gleichzeitig abstoßen.
Hin und her gerissen zwischen den Welten, strebend nach Individualität, trotzdem mit dem Wunsch nach Gleichwertigkeit; „No Angelina“ lesen wir auf dem Rücken einer Kassenkraft, deren Gesicht uns abgewandt ist – Bernhard Prinz spielt mit den Kontrasten. Nein, die meisten von uns sind nicht berühmt, reich oder unsagbar schön; sind wir deshalb weniger wert?

Die Medienwelt gaukelt uns eine Welt voller Glück, Geld und Harmonie
vor – der Blick hinter die Kulissen verrät dann jedoch oft ganz an-deres. Auch hier bröckeln die Fassaden, auch hier gibt es Sorgen und Probleme, auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt. Hinter den Kulissen – dargestellt durch einen Supermarkt – sind auch die von den Medien in den Himmel gehobenen Personen ganz normale Menschen. Und vielleicht sind sie sogar so „normal“, dass wir sie um ihren Status gar nicht beneiden müssen. Denn wir brauchen keinen rund um die Uhr über uns wachenden Hausarzt, symbolisiert durch Michael Jackson, der sich eine „Dr. House-DVD“ kauft; wir brauchen keine ständige Präsenz in den Medien wie Paris Hilton, um uns unseres Wertes bewusst zu werden; wir brauchen kein ständig zwanghaftes Wieder-Aufkochen unserer angeblichen Talente, um in regelmäßigen Abständen als Gesprächsthema in den Klatschspalten der Zeitungen aufzutauchen, wie es ein im Notfall für Billigketten designender Modemacher benötigt. Discounter-Schlappen von
Karl Lagerfeld? Ein Statussymbol?

Und so öffnet uns dieses Werk von Bernhard Prinz die Augen, es zeigt uns, dass wir – trotz all unserer offensichtlichen Unterschiede – doch alle den gleichen Ursprung haben. Er führt uns mit einem satirischen Blick auf die Gesellschaft an eine völlig neue Betrachtungsweise heran und karikiert auf wunderbare Weise Gegenstände, Personen und Situationen. Er tobt sich aus, spielt mit Überfüllung und Überladung seines Werkes, entführt uns in eine Komposition aus vielen Einzelbildern, die sich gerade durch ihre vornehmliche Diskrepanz in dem Gedanken des Künstlers und somit in seinem Gemälde wieder vereinen. Denn Michael Jackson und Mozart mögen auf den ersten Blick Menschen aus völlig verschiedenen Welten stammen – doch was sie unter der äußeren Schale vereint, ist die Liebe zur Musik.

Kontraste entstehen durch die augenscheinlich willkürliche Gegenüberstellung von Exzentrikern – doch genau diese Personen, die auf den ersten Blick nicht zusammengehören, zeigen, dass wir uns im Grunde alle sehr ähnlich sind.
Aufgespritzte Lippen, auf Jugendlichkeit getrimmte Körper, realitätsfremdes Auftreten – die Skurrilität nimmt in der heutigen Zeit oft ungeahnte Ausmaße an. Vielleicht auch deshalb sehen wir auf der Komposition von Bernhard Prinz einen verklärt blickenden Damian Hirst, der mit seinem Kunstwerk „The Diamond Skull“ in der Warteschlange des Supermarktes steht; einen Mann, der zusammen mit einem Konsortium seine eigene Kunst ersteigert hat, um sie durch den erzielten Preis selbst in den Kunsthimmel zu katapultieren.
Aber auch hier stellt Bernhard Prinz den Widerklang der Gesellschaft dar: während der eine als Künstler und Denker gefeiert wird, werden ähnlich kreative Menschen wie Regisseur Tim Burton in Schubladen gepresst, die mit Kunst relativ wenig zu tun haben. Obgleich beide eigentlich so viel verbindet – der eine, der seinen mit Diamanten besetzen Totenschädel als große, innovative Kunst verkauft, der andere, der mit seinen Filmen, seinem Ideenreichtum und seiner Abgedrehtheit genauso ins Schwarze des Kunstgedankens trifft wie ein Hirst-Skull; zwei so unterschiedliche Menschen, die beide die Ästhetik des Morbiden in ihren Werken zelebrieren. Ein Luftballon mit siamesischem Zwillings-Skelett im Schaufenster weist auf die Symbiose dieser auf den ersten Eindruck so unterschiedlichen Kunstformen hin.

Schubladen sind Bernhard Prinz ein Dorn im Auge – jeder sollte so beurteilt werden, wie er es verdient. Und genau deshalb versammeln sich auf seinem Bild eine Vielzahl an Exzentrikern, an „Verrückten“, an Spinnern und Abgedrehten – jeder ist etwas Besonderes, etwas Einzigartiges, etwas Eigenständiges. Es ist eine Parade der Einzelgänger, der Unangepassten und gegen die Normen Aufbegehrenden. Und doch sind sie – so wie wir – einfach nur Menschen. Erlegen lediglich ihren Eitelkeiten, eingesogen von dem süßen Duft des Ruhmes, süchtig nach zweifelhafter Gefälligkeit.
„Ich will so sein wie Du“ singt King Louis im Film „Das Dschungelbuch“ – und tituliert damit genau das, was Bernhard Prinz uns mit seinem Bild sagen will: Berühmtheiten, die sich in die Normalität zurücksehen, Menschen wie Du und ich, die nach Größerem streben.
Fleischfetzen hängen im Schaufenster; Symbole für die in den Medien nötige Nacktheit – nicht nur äußerlich wird diese geradezu unmenschlich vermarktet. Auch das seelische Blank-Ziehen vor Paparazzi, Fernsehteams und Klatschzeitungen wird hiermit treffend versinnbildlicht.

Wir stehen draußen, befremdet und gleichzeitig fasziniert, blicken neugierig, angewidert und geblendet zugleich durch das Schaufenster
auf eine leuchtend aufpolierte Scheinwelt. Wir sehen die durch die Medien getriebene Sau, die später geschlachtet wird – auf dem Gemälde des Künstlers ist sie mit „Hello Kitty“ und „Love“ tätowiert. Aber, ist das wirklich Liebe? Ist es nicht viel mehr die widernatürliche Anziehungskraft des Abschreckenden, der Schadenfreude und des beruhigenden Bewusstseins, dass es auch den Reichen und Berühmten nicht besser geht als uns? Erst jubeln wir sie hoch, dann lassen wir sie aus ungeahnter Höhe fallen – und sehen dabei zu, wie sich der Medienzirkus trotz der Verluste und auf der Strecke Gebliebenen unaufhörlich und gnadenlos weiterdreht.
Bernhard Prinz karikiert die heutige Wegwerfgesellschaft, in der gerade noch gefeierte Personen beim nächsten Augenaufschlag und mit Auftauchen einer noch skurrileren Existenz schlichtweg vergessen werden. Was wir sehen, ist ein Kampf ums Überleben, eine zur Schau gestellte verzweifelte Suche nach Glück und Zufriedenheit – mit der bitteren Erkenntnis, dass Ruhm, Macht, öffentliches Interesse oder Medienpräsenz genauso wenig glücklich machen wie Geld und teure Besitztümer.

Wir gelangen zu dem Schluss, auch einmal über den Tellerrand zu
blicken, die intellektuellen Scheuklappen abzunehmen, unsere Ansichten neu zu ordnen und mit offenen Augen durchs Leben zu gehen, um die unterschiedlichen Facetten jeder einzelnen Person zu erkennen.
Bernhard Prinz möchte nicht kategorisieren. Sein Werk sagt uns:
über Geschmack lässt sich streiten. Aber nichts ist schlecht, nur weil es anders ist.

Tasteparade

Smiling for the yellow press, corruptibility, greed for money and a need for recognition that can hardly be satisfied – all those are attributes one connects with the affluent and famous people of the media landscape. As an independent observer, you sometimes want to tap your forehead and shake your head in disbelief. But aren't we all captives of this cold and profit-hungry world? Does not all human being always strive for acknowledgement, respect and attention? And is a crank amongst cranks still something special?
In his painting "Tasteparade", Bernhard Prinz deals with this issue in an exaggerated and sarcastic way. His painting displays the rich and beautiful, the maniacs and those, who are in the spotlight due to their external appearance, extreme behavior and provoking comments. They are synonyms for today's society; human shells, often reflecting a senseless living driven by greed; people with whom we feel a connection due to their non-conformance and resistance against normality. People who disgust us at the same time.
Torn between the worlds, striving for individuality, but nonetheless with a desire for equivalence; "No Angelina" can be read on a cashier's back, whose face is turned away from the viewer – Bernhard Prinz plays with contrasts. No, most of us are neither famous nor rich nor incredibly beautiful; does this make us less valuable?
The media feign a world full of happiness, money and harmony – a look behind the scenes often shows something entirely different. Even here, façades are crumbling, even here one can find sorrow and problems, and even here all that glitters ain't gold. Behind the scenes – illustrated as a supermarket – even the people who have been praised to the skies by the media are still normal human beings. And maybe they are even so "normal" that there is no need to envy their status. Since we do not need a doctor, monitoring us 24/7 – symbolized by Michael Jackson buying a Dr. House DVD; we do not need to be permanently present in the media like Paris Hilton in order to realize our value; we do not need our alleged talents permanently and obsessively be rehashed over and over again in the tabloid press like a fashion-designer who even designs for a cheap fashion chain. Discounter-slippers by Karl Lagerfeld? A status symbol?
And thus, this artwork by Bernhard Prinz opens our eyes; it shows that we all – despite of all obvious differences – have the same seeds. With his satiric view on society, he introduces an entirely new approach and caricatures objects, persons and situations in a wonderful way. He lets off steam, plays with the overfilling and overloading of his work, leads us into a composition consisting of many single pictures, which are united in the artist's mind and thus in the painting even due to their principal discrepancy. Since Michael Jackson and Mozart may be completely different people at first sight – what unites them underneath the surface is their love for music.
Contrasts arise out of the obviously random comparison of eccentrics – but exactly those persons who do not mate at first sight show that we all basically have a lot in common.
Plumped-up lips, bodies trimmed to juvenileness, a behavior out of touch with reality – nowadays, oddity assumes unexpected proportions. Maybe this is the reason, why Bernhard Prinz' composition shows a misty-eyed Damian Hirst standing in the line before the supermarket together with his work of art "The Diamond Skull"; a man who purchased his own art by auction together with a syndicate in order to catapult himself to art's heaven by the realized price.
But also here, Bernhard Prinz shows society's reverberation: whilst the first one is being celebrated as artist and thinker, other similarly creative people like director Tim Burton are put into categories which have little to do with art. Although the two of them have actually so much in common – one of them selling his diamond sculls as grand innovative art, the other one, whose movies, imagination and looniness perfectly meet the central idea of art just like a Hirst scull does; two entirely different people, both celebrating the aesthetics of morbidity within their works. A Siamese-twin skeleton on a balloon in the shop window is a sign of the symbiosis of those at first sight so different forms of art.
Stereotyped thinking – a thorn in Bernhard Prinz’ side. Everyone should be judged as he or she deserves. And that’s exactly why such a multitude of eccentrics, “maniacs”, weirdos and loonies are gathering on his painting – every one of them is someone special, someone unique, someone independent. It is a parade of mavericks, of unadjusted people and of those who rebel against norms. And yet they are – just like we – only human beings. Succumbed to their vanities, absorbed by the sweet scent of fame, addicted to doubtful courtesy.
In the movie „The Jungle Book“, King Louie sings „I wanna be like you“ – and is thus titling exactly what Bernhard Prinz intends to express with his painting: celebrities, who wish themselves back to normality, people like you and me, striving for higher things.
Pieces of meat are dangling in the shop window; symbols for the nudity required by the media – merchandised in a barbarous way not only in the physical sense. It is also the emotional exposing in front of paparazzi, camera crews and tabloids that is perfectly typified by this.
We are standing outside, disconcerted and fascinated at the same time; we look curiously, disgusted and dazzled through the shop window at a gleamingly burnished illusory world. We see the sow being chased through the media just to be slaughtered later on – in the artist’s painting it is wearing “Hello Kitty” and “Love” tattoos. But is this really love? Isn’t it rather the perverted attraction of the daunting, of the malicious joy and the soothing awareness that even the rich and beautiful have their cross to bear? We praise them to the sky just to let them drop from unexpected heights – and watch the media circus go on ceaselessly and mercilessly despite the losses and the ones left behind.
Bernhard Prinz caricatures today’s throwaway society, where people are celebrated and - with the appearance of an even more bizarre individual – forgotten within the next instant. What we see is a struggle for survival, a displayed desperate search for happiness and satisfaction – with the bitter lesson of experience that fame, power, public interest or media presence make as little happy as money and expensive possessions.
We come to the conclusion to better see beyond our own nose, remove the intellectual blinders, to rearrange our views and walk through life with eyes wide open in order to recognize every single person’s different facets.

Bernhard Prinz does not wish to categorize. His work tells us: There is no accounting for taste. And nothing is bad just because it is different.